Dicht in die Zukunft
Der Titel dieses Beitrages ist ein Slogan der Bierpartei (BIER), die 2015 von Dominik Wlazny (alias Dr. Marco Pogo) gegründet wurde. BIER tritt, neben 8 anderen Parteien, bei der Landtags- und Gemeinderatswahl in Wien am 11. Oktober 2020 an.
BIER ist dabei eine Partei, die man mit der Konkurrenz um Wählerstimmen und politische Mandate nicht vergleichen kann; sie ist schon dadurch einzigartig, als der Name der Partei zugleich das Programm darstellt bzw. bezeichnet: Bier - das Alleinstellungsmerkmal. Dazu ein "Räuscherl" für alle (dann wäre die Welt eine bessere), keine Arbeit, gratis Bierfässer als Sachzuwendungen.
Für die bevorstehende Wahl in der Bundeshauptstadt werden ein Bierbrunnen für Wien, Winter-Schanigärten, Eignungstests für Politiker, das Abschaffen von Sperrstunden, die Reduzierung der Getränkesteuer usw. gefordert.
Viele werden sich die Frage stellen, wie ernst das alles gemeint sein kann, ob es sich nicht um reinen Populismus, eine Persiflage, also eine Verspottung bzw. Verhöhnung der politischen Mitstreiter, handelt.
Die Antwort lautet nein; die An- und Aussagen von Dr. Pogo sind durchaus ernst gemeint und ernst zu nehmen.
Wer sich in die Bierhistorie vertieft weiß, dass bis zum Ende des neunzehnten Jahrhunderts fast jeder Ort eine eigene Brauerei hatte, sozusagen eine lokale Spezialität. Diese Brautradition fiel jedoch der "Wirtschaftswunderzeit" und dem damit einhergehenden Konzentrationsprozess zum Opfer. Erst in den letzten Jahren hat man sich wieder an die seinerzeitige Brautradition erinnert; es wird nach und nach wieder mehr privat gebraut, die Biervielfalt dadurch erhöht, die Regionalität gefördert.
Während sich kleine Brauereien im vergangenen Jahrhundert aufkaufen ließen, verweigerte sich speziell die katholische Kirche diesem unsäglichen Prozess. Hunderte Jahre lange Brautradition wirft man nicht einfach über Bord; so feiert beispielsweise das Augustiner Bräu Kloster Mülln in Salzburg im nächsten Jahr sein 400-jähriges Jubiläum. Noch länger wird die Brautradition in Bayern aufrechterhalten; vor nahezu tausend Jahren wurden von Benediktinermönchen die Klosterbrauerei "Weihenstephan" gegründet, die älteste noch bestehende Braustätte der Welt.
Nach dem Codex Alimentarius Austriacus ist Bier "ein aus Cerealien, Hopfen und Trinkwasser durch Maischen und Kochen hergestelltes, durch Hefe vergorenes, alkohol- und kohlensäurehältiges Getränk", kurz: Ein flüssiges Lebensmittel.
Soweit ein kurzer Ausflug in die Geschichte dieses Grundnahrungsmittels, gegen dessen ausgiebige Verwendung folglich nichts einzuwenden ist.
Jedermann/frau sollte wissen: "Ein Bier am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen" - damit ginge es, im Sinne Dr. Pogos, einem Mediziner, allen, von Beginn des Tages an, besser, das was zu tun ist (außer Arbeit) leichter von der Hand.
Es spricht daher auch nichts gegen (möglichst umfangreiche) Sachzuwendungen oder (mehrere) öffentlichen Bierbrunnen in der Wiener Innenstadt; speziell für Politiker könnte man den Pallas-Athene-Brunnen vor dem Parlament in einen solchen umfunktionieren und damit gewährleisten, dass innerhalb des Gebäudes nicht noch mehr Unsinn produziert wird. Angeheitert hat man meistens die besten Ideen; wenn jemand zu viel getrunken hat, schläft er ohnedies und kann keinen Schaden mehr anrichten. Dann wären (was sonst der Fall wäre) Hopfen & Malz wenigstens nicht gänzlich verloren.
Dass Schanigärten auch im Winter zu öffnen sind, ist eine landesweite Forderung der Gastronomie, ebenso die Abschaffung der unnützen Sperrstunden; wenn am nächsten Tag ohnedies kaum jemand arbeiten muss, ist nicht einzusehen, dass er/sie (wie in Tirol, Vorarlberg und Salzburg) bereits um 22.00 Uhr nach Hause gehen soll; Konsequenz dieser Maßnahme wäre (fast zwingend) die gänzliche Abschaffung der Getränkesteuer, da man sich sonst das (Bier-) Trinken in Lokalen nicht mehr im gewünschten Ausmaß leisten kann.
Auch gegen einen Eignungstest für Politiker ist absolut nichts einzuwenden; sieht man sich die derzeit handelnden Akteure in der österreichischen Bundesregierung an, dann sollte man einen solchen Test gesetzlich festlegen und in den Verfassungsrang "erheben"; dann würde man dem Land so einiges, nicht nur an Kosten, ersparen. Wenn der Staat dann von seinen "ungeeigneten" Politikern befreit ist, damit nicht mehr Gefahr läuft, heruntergewirtschaftet und sinnentfremdet zu Tode verwaltet zu werden, könnte die damit einhergehende Kostenersparnis für die Abdeckung von Fixkosten verwendet werden. Nötigenfalls kann man durchaus ein paar (dann ohnedies nicht mehr benötigte) Bundesgebäude an ausländische Investoren sehr teuer verkaufen. Dass Kulturstätten "gerettet" werden ist schon deshalb selbstverständlich, da Kunst und Kultur, ebenso wie Bier, ein "Lebensmittel" bzw. -elixier darstellen.
Eines ist aber, und damit komme ich schon zum Ende, vollkommen klar: Das BIER - Programm ist kostengünstig umzusetzen, lückenlos nachvollziehbar, für jedermann/frau verständlich, weist keine Schwächen auf, bietet gleichsam ein "rundum-glücklich-Paket" und sollte (nach Wien) auch im Rest von Österreich Verwendung finden. Was bringen vollkommen sinnlose Diskussionen (noch dazu im Fernsehen) zwischen den Spitzen der Altparteien die nur daraus bestehen, den eigenen Standpunkt einzuzementieren, viel zu versprechen, wohlwissend, all das nach der Wahl nicht einhalten zu können.
Viel spritziger, wenn man so will süffiger, ist die Programmatik der zweifelsfrei, auch dadurch unterscheidet sich BIER von anderen (politisch Ambitionierten), ohne schlechtes Gewissen problemlos wählbar. Der Kater nach dem Tag der Wahl bleibt aus. Bier hat sich über hunderte Jahre hin bewährt, war und ist immer modern (egal in welcher Form), macht in jedem Fall auch Bock auf mehr BIER.
Mit das Angenehmste an BIER ist jedenfalls (sozusagen als kostenlose Zugabe), dass man sich nicht in der Vordergrund drängt, auf sündteuren Wahlkampf verzichtet, das spärlich vorhandene Budget für die Zufuhr von Nahrhaftem und nicht für Wahlplakate zum Fenster hinaus wirft, auf denen einem seit Wochen beispielsweise in ganz Wien die Konterfeis von saturiert-ausgefressen wirkenden, mit Doppelkinn ausgestatteten, Bürgermeisterkandidaten unterkommen, unaufgefordert aufgedrängt werden.
Da ist es doch viel angenehmer, den politischen Alltag mit angemessener Zurückhaltung aus der zweiten Reihe zu verfolgen und auf den nächsten Ausrutscher der etablierten Spaßparteien zu warten. Lang wird das jedenfalls nicht dauern.
Und, mit einem hat Dr. Bogo in jedem Fall recht: "Wir sind die einzig ernstzunehmende politische Kraft in diesem Land".
Chr. Brugger
23.09.2020