Die Zeit der Toleranz ist vorbei

06.11.2025

Mit "großer Lippe" hat am gestrigen Tag einer der hellsten "Sterne" am heimischen Politfirmament die nationale Aufmerksamkeit auf sich gezogen; bei Lichte betrachtet kann es gar niemand anderem einfallen etwas einzufordern, was parteipolitisch im letzten Jahrzehnt aus Zeitmangel, bloßer Ignoranz oder Dummheit schlicht und einfach verabsäumt wurde.

Die von Friedrich Merz verursachte bzw. ausgelöste "Stadtbilddebatte" hat mit leichter zeitlicher Verzögerung auch Österreich erreicht; Christian Stocker kann für sich reklamieren, als Erster auf den CDU-Zug aufgesprungen zu sein; er meint, die Aussage von Merz, "aber wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem", sei bloß eine Beschreibung der Wirklichkeit; und dieser völlig "neu" gewonnenen Einsicht nimmt sich jetzt Claudia Plakolm an und posaunt lauthals das hinaus, was von einer wie ihr erwartbar ist: "In unserem Stadtbild" hätten sich Gruppen breit gemacht, "die ich so hier nicht haben will"; "in Österreich wird zukünftig wieder gelten: Deutsch, Arbeit, Werte" – "die Zeit der falschen Toleranz ist vorbei".

Quelle: https://www.heute.at/i/zeit-der-toleranz-ist-vorbei-plakolm-mit-ansage-120141942/doc-1j99mtlcp4

Es ist schon bemerkenswert wie entlarvend und dummdreist, dass just eine ÖVP-Gefolgsfrau sich plötzlich an heimischen Stadtbildern stößt; seit dem 21.04.2011 waren es, mit Ausnahme des parteilosen Intermezzos von Karin Kneissl (12/17 – 06/19), ausschließlich Schwarze & Türkise, die für ein inklusives Verhalten ausländischer Mitbürger verantwortlich gezeichnet haben; noch eklatanter ist die schwarz-türkise-Dominanz im, bezogen auf "Ausländer", nicht minder brisanten Innenministerium; dort residieren seit mehr als 25 Jahren ÖVP-Politiker; einzige Ausnahme war Herbert Kickl in der Zeit vom 18.12.2017 bis 03.06.2019.

Und jetzt, genau jetzt, fällt Plakolm & Co plötzlich auf oder ein, dass sich am "Stadtbild" irgendetwas verändert hat; man muss sich zuallererst die Frage stellen, ob Kurz, Schallenberg, Raab, Stocker und Plakolm selbst bzw. Strasser, Platter, Prokop, Schüssel, Molterer, Fekter, Mikl-Leitner, Sobotka, Nehammer und Karner einfach nur blind gewesen sind oder nicht doch, wie viele meinen, blauäugig, ignorant oder einfach zu blöd.

Quelle: https://www.diepresse.com/20086758/familiennachzug-sozialhilfe-und-kopftuchverbot-die-gefaehrdeten-projekte-der-oevp

Wenn in einer Stadt wie Wien ca. 750.000 Ausländer leben, sollte man sich nicht erst seit gestern wundern oder "einsehen", dass sich dadurch auch das Stadtbild geändert hat; Plakolm jedenfalls will jene Gruppen, die "sich in unserem Stadtbild" breit gemacht haben, hier nicht länger haben oder dulden; und wenn die "Zeit der falsch verstandenen Toleranz" vorbei sein soll, frage ich mich, was man an der bisherigen Toleranz falsch verstehen hätten können; erst die Politik von ÖVP & SPÖ hat es "diesen Gruppen" ermöglicht, so zu sein und das zu tun, was jetzt nicht mehr gewollt ist; es waren nahezu ausschließlich ÖVP-Politiker, die für Integration und Sicherheit verantwortlich waren; gemeinsam mit der Wiener Stadtregierung, die seit dem Jahr 1945 und damit seit mehr als 80(!) Jahren von der SPÖ angeführt wird, hat man es zustande gebracht, vor allem die Bundeshauptstadt zu einem Eldorado für all jene Menschen umzufunktionieren, die es, aus ganz unterschiedlichen Gründen, in ihren jeweiligen Heimatländern nicht mehr aushalten; und jetzt stört Plakolm plötzlich jenes Stadtbild, das ÖVP & SPÖ mit morbiden, parteipolitischen Koproduktionen erfunden und erschaffen haben.

Für die von Plakolm skizzierte Situation dürften – den diesbezüglichen Befund ist Fr. Plakolm bislang ebenso schuldig geblieben wie eine abschließende Verantwortungszuschreibung – weder ÖVP- noch SPÖ-Politiker verantwortlich sein, sondern, wie immer, alle anderen; vermutlich ist Herbert Kickl daran schuld, der verstorbene Papst Franziskus, Trump & Putin mit ihrer hybriden Kriegsführung gegen Mitglieder der Europäischen Union oder die zahlreichen Experten, denen man, auch das ist Usus, zu hörig gewesen sein könnte.

Quelle: https://www.furche.at/politik/claudia-plakolm-wir-muessen-strenger-werden-16722177

Ich bin daher gespannt, wie es Fr. Plakolm schaffen will, dass sich Ausländer ihrem "Deutsch, Arbeit, Werte" verschreiben und nicht länger den ganzen Tag nur Maulaffenfeilhalten, die Bevölkerung belästigen oder gar straffällig werden; bloß "nicht willkommen zu sein" wird mutmaßlich kaum ausreichen, um aus Sozialhilfeempfängern fleißig arbeitende, friedliche und wertbewusste Zeitgenossen zu machen, die im besten Fall auch noch der deutschen Sprache mächtig sind.

Was die angekündigten "Konsequenzen" betrifft darf man voller Zuversicht darauf warten, welch zündende Ideen uns Plakolm & Co kredenzen werden; bis gestern ist dazu jedenfalls den dafür zuständigen Politikern nichts eingefallen; ich bin mir aber sicher, dass Plakolm viele Trümpfe in einem ihrer Ärmel haben muss; sonst würde sie nicht vollmundig bzw. großspurig ankündigen, dass ab heute die Uhren für Integrationsunwillige, die zudem auch noch das Stadtbild stören, anders gehen; im Plakolms Fokus stehen dabei vor allem jene, die sich "bewusst abgrenzen, die sich verweigern, die meinen, sich über unser Recht stellen zu können und unsere Werte nicht achten".

Von Plakolm Stadtbildretusche sollen auch noch jene betroffen sein, "die Frauen und Mädchen kontrollieren wollen, sog. selbsternannte Sittenwächter, die unsere Schulen und Straßen dominieren und Mädchen in "ehrbar" und "nicht ehrbar" einteilen" und diejenigen, "die in Gruppen herumziehen, pöbeln, einschüchtern, prügeln und vergewaltigen".

Quelle: https://www.krone.at/3721158#fb-1927860442

Wir werden in Bälde sehen, was sich aufgrund der wohldurchdachten und äußerst klugen Stadtbildrestaurations-Initiative Plakolms zu unseren Gunsten verändert; es könnte durchaus sein, dass man auf den neuralgischen Plätzen Wiens (Reumannplatz, Keplerplatz, Brunnenmarkt etc.) in ein paar Wochen keine Syrer, Afghanen oder Tschetschenen mehr antrifft, sondern grantelnde WienerInnen, Nachwuchswissenschaftler aus dem Silicon Valley, hübsche spanische Altenpflegerinnen, die flamencotanzend dafür sorgen, dass niemand mehr an die verbotenen Kopftücher erinnert wird oder französische Ärzte, die altersschwachen, bettlägerigen Damen zu einem "zweiten Frühling" verhelfen …

Chr. Brugger

06/11/2025