Ein verlottertes Land
Es benötigt schon einige Zeit, um sich bewusst zu sein in einem verlotterten Land zu leben; dabei ist es einerlei, über welches Thema man sich Gedanken macht, um damit in den wahren Abgrund einzutauchen; nehmen wir einfach das Thema Migration:

Quelle: https://exxpress.at/economy/regierung-wartet-auf-zahlen-hier-sind-sie-oesterreichs-industrie-stuerzt-ab/
Migration – bei der Integration scheitern wir krachend und abschieben dürfen wir nicht; das eine ist auf ein politisches Versagen bzw. ein Versagen von Politikern zurückzuführen, das andere wiederum haben wir unserer eigenen "Liberalität" zu verdanken; wer die Errungenschaft "Grund- und Freiheitsrechte" i.S.d. EMRK zum Maß aller Dinge erhebt, sollte sich nicht darüber wundern, dass Gerichte bzw. Gerichtshöfe, ob der ihnen garantierten "Unabhängigkeit", so entscheiden, wie sie eben entscheiden.
Immer dann, wenn einem diese Entscheidungen von Gerichten, speziell solchen des "Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte", nicht mehr ins eigene politische Konzept passen, werden jene parteilichen Stimmen immer lauter, die eine Änderung der Rechtsgrundlagen oder von den Gerichten eine andere Spruchpraxis fordern; wenn etwas mit der eigenen Ideologie nicht länger vereinbar ist, ist dafür die Justiz verantwortlich.
Dasselbe gilt mittlerweile auch für den Umgang mit den Entscheidungen österreichsicher Gerichte; sobald jemand vermeint, etwas wäre falsch entschieden worden oder anders zu entscheiden gewesen, schreien vor allem allerhand, scheinbar rechtsstaatfeindliche, Politiker reflexartig nach Änderungen der Rechtslage; was noch vor Jahrzehnten nicht denkbar und aus guten Gründen verpönt war, ist heute üblich: Man frönt, wenn es politisch opportun und medienwirksam genug ist, einer absurd-frivolen Anlassgesetzgebung; die einen fordern ein strengeres Sexualstrafrecht, andere einen Straftatbestand für Wucher und die "Allerhellsten" wollen wieder einmal ein Kopftuchverbot für junge Musliminnen; es hat den Anschein, als firmierte die österreichische Legislative unter der Marke "wünsch dir was".

Quelle: https://kontrast.at/zweiter-lockdown-oesterreich-kritik/
Nun habe ich bereits mehrfach die Funktionstauglichkeit des heimischen Prinzips der "Gewaltentrennung" in Frage gestellt; das Konzept wäre an und für sich theoretisch recht einfach wie schlüssig:
Die gesamte staatliche Verwaltung (inkl. Justiz) darf nur aufgrund der Gesetze ausgeübt werden, wobei die gesamte Gesetzgebung vom Nationalrat (gemeinsam mit dem Bundesrat) ausgeübt wird; die Justiz wiederum ist von der Verwaltung in allen Instanzen getrennt – all das führte dann dazu, dass Österreich eine demokratische Republik wäre und ihr Recht vom Volk ausginge.
Dass das nicht der Fall ist, ist evident; die gesamte Gesetzgebung wird in Österreich von jenen politischen Parteien ausgeübt, die sich eben gerade in der Regierung befinden und damit im Nationalrat auch über die jeweils notwendigen Mehrheiten verfügen; in den politischen Parteien herrscht Klubzwang, Art. 56 B-VG ("Die Mitglieder des Nationalrates und die Mitglieder des Bundesrates sind bei der Ausübung dieses Berufes an keinen Auftrag gebunden") ist insofern "totes" Recht und obsolet.

Quelle: https://exxpress.at/politik/polit-ranking-babler-und-meinl-reisinger-am-unbeliebtesten/
Wenn nun aber die gesamte staatliche Verwaltung (inkl. Justiz) gem. Art. 18 B-VG "nur aufgrund der Gesetze ausgeübt werden darf", die Gesetze aber von den politischen Parteien gemacht werden, die sie im Rahmen der Verwaltung gem. Art. 69 B-VG auch noch selbst zu vollziehen haben, sollte jedem Österreicher klar sein, was das bedeutet und welche Folgen eine solche, verfassungsrechtlich garantierte, Kompetenzverdichtung bei den politischen Parteien zeitigt: Die Annahme, in Österreich gäbe es eine Gewaltenteilung, ist daher ebenso falsch wie die Behauptung, in Österreich ginge das Recht vom Volk aus.
Österreich ist im besten Fall noch eine Ochlokratie oder Autokratie, in der von politischen Parteien unkontrolliert Macht ausgeübt wird, die kaum noch verfassungsmäßigen Beschränkungen unterworfen ist; selbst der politikwissenschaftliche Fachbegriff Kakistokratie entspräche Österreich viel eher als jener einer demokratische Republik.
An dieser Stelle wären zwei weitere Aspekte zu berücksichtigen; durch den unverhohlen gelebten Klubzwang wird nicht nur Art. 10 EMRK ("Freiheit der Meinungsäußerung") mit Füßen getreten; sobald jemand das "Recht auf sein freies Mandat" in Anspruch nimmt, wie zuletzt die beiden NEOS-Abgeordneten Nikolaus Scherak & Stephanie Krispler, müssen sie sich dafür öffentlich rechtfertigen; viel schlimmer ist aber, dass ein solch lobenswertes und respektabverlangendes Verhalten skandalisiert bzw. ausgeschlachtet wird; wenn sich dann auch noch im "Standard" jemand bemüßigt fühlt, mit "Neos in Nöten: Die Quadratur der Pinken" zu titeln und in der "Krone" zu lesen ist, "bei den Pinken rumore es gewaltig" und es sei "nicht die feine Art", wenn der "thematisch zustände Abgeordnete" nicht auf Linie zu bringen wären, dann weiß man in etwa, was es auch "medial" geschlagen hat – wenn sich jemand rechtskonform & anständig verhält, wird er angeprangert, während der Rest des willfährig parlamentarischen "Stimmviehs" weiterhin unbehelligt dem morbiden Klubzwang frönen darf; Kleinvieh macht bekanntlich nur Mist, das "Stimmvieh" im Nationalrat beschließt hingegen Gesetze.

Quelle: https://kontrast.at/thomas-schmid-sebastian-kurz-oebag/
Der zweite Aspekt ist vermutlich noch problematischer; der Klubzwang wird seit Jahr und Tag von jenen ausgeübt, die "statutarisch" für die "klubinterne Willensbildung" verantwortlich zeichnen; "Klubobmänner" bzw. "Klubobfrauen" genießen aber neben ihrer Verantwortung für die "Klublinie" im Sinne des Bundesbezügegesetzes das Privileg, erheblich mehr (170%) zu verdienen als "normale" Nationalratsabgeordnete.
Dazu kommt, dass die "Klubchefs" als Männer & Frauen "fürs Grobe" gelten; sie rechtfertigen nach außen hin den jeweiligen Standpunkt ihrer Partei, treten bei diversen Pressekonferenzen auf und gelten auch als ultimative "Netzwerker"; nicht nur insofern verfügen die "Klubchefs" über ein entsprechendes politisches "Gewicht" bzw. ebensolche "Macht"; wenn nur aber diese "Fraktionsfunktion", wie im Falle August Wögingers (ÖVP), u.a. auch dazu genutzt wird, sich bei Postenbestzungen im Bereich der öffentlichen Verwaltung für Parteimitglieder einzusetzen, hat das absolut nichts mit der eigentlichen "Aufgabe" im Parlament zu tun; vor allem dann, wenn die protegierten Parteigänger fachlich so schwach sind, dass sie ausschließlich wegen ihrer Parteizugehörigkeit erheblich besser qualifizierten Mitbewerbern vorgezogen werden und bei dieser schwachsinnigen Postenschacherei auch noch auf die Besetzung der jeweiligen Bestellungskommissionen parteipolitischer Einfluss und Druck geltend gemacht bzw. ausgeübt wird.

Quelle: https://www.krone.at/3919418#fb-1795941358
Anstatt ernsthaft über dieses Thema zu diskutieren und die dringend erforderlichen Konsequenzen daraus zu ziehen, wird ein offensichtlicher Amtsmissbrauch auch von der Justiz als Lappalie marginalisiert und die davon betroffene Partei lässt sich dazu hinreißen, ihre Ämterpatronage damit zu rechtfertigen, es wäre schon immer so gewesen, üblich und es handle sich schlicht um ein Bürgerservice; das Volk, respektive der vermeintliche Souverän sieht das allerdings völlig anders; mehr als 80% der Österreicher fordert nicht nur den Rücktritt Wögingers, sondern eine faktenbasierte und unabhängige Besetzung öffentlicher Posten.

Quelle: https://kontrast.at/pressefreiheit-oesterreich-2024/
In Anbetracht all dieser parteilich verursachten Missstände ist es auch klar und verständlich, dass kaum noch jemand bereit ist, sich politisch zu engagieren – in der heimischen Politik treiben sich fast ausschließlich nur noch solche herum, die niederträchtig und dumm genug bzw. wirtschaftlich oder aufgrund ihrer fehlenden Ausbildung auf einen Job in der Politik angewiesen sind; darauf basiert wiederum die flächendeckend vorhandene Politikerverdrossenheit und das Misstrauen gegenüber einer absoluten Mehrheit aller (Partei-) Politiker erklärt sich so von selbst.
"Parteilich" entspricht in Österreich insofern punktgenau dem, was der "gemeine Bürger" darunter versteht: Einseitig, tendenziös, subjektiv gefärbt, voreingenommen, vorbelastet, intolerant und vorurteilsvoll – das will zwar kein (Partei-) Politiker hören oder gar verstehen – dennoch ist es so; das Schlimmste daran ist, dass diese Parteilichkeit das gesamte Land bis in die letzten Verästelungen hinein infiziert und in Geiselhaft genommen hat.

Quelle: https://www.facebook.com/photo/?fbid=10159745942476878&set=a.381568636877
Es gibt in Österreich keinen einzigen Bezirkshauptmann, sonstigen Behörden- oder Abteilungsleiter, Schuldirektor oder Vorstand bzw. Aufsichtsrat staatsnaher Unternehmen usw., der nicht eindeutig einer politischen Partei zuzuordnen wäre; dasselbe gilt natürlich auch für alle maßgeblichen Positionen in diversen Bundesministerien, alle Ämtern der jeweiligen Landesregierungen, sämtliche Kammern dieses Landes und auch in der Justiz ist es üblich geworden, Führungspositionen rein parteipolitisch und nicht nach fachlichen Kriterien zu besetzen.
Das Resultat dieser parteilichen Niedertracht wird am Sonntag von denen, die dafür politisch verantwortlich sind, auch noch abgefeiert; vom Bundespräsidenten abwärts wird sich morgen der heimischen "Politelite" am Heldenplatz die Gelegenheit bieten, all das schön zu reden, wofür sich die wahren Helden unserer "Republik" schämten und nur Spott übrighätten – das ist eben Österreich, solange es noch lebt …
Chr. Brugger
25/10/2025
