Moria - Der Tragödie zweiter Teil
Irgendwie ist es schon eigenartig; auf einer griechischen Insel übernachten (Klein-) Kinder auf Straßen, haben - im wahrsten Sinn des Wortes - kein Dach über dem Kopf, sind aus ihrer Heimat geflohen, traumatisiert von den Ereignissen, die ihnen dort widerfahren sind ... und in Österreich wird, quer durch den politischen "Gemüsegarten", darüber diskutiert, wie man diesen "Geschöpfen" am besten helfen könnte.
Karl N. hat, zumindest nach der von ihm selbst gewählten Diktion, auf eigene Kosten Hilfsgüter an Griechenland übergeben; wenn das so wäre, könnte man allenfalls über seine sonst so grob-derb-violente Ausdruckseise hinwegsehen (kindgerechte, kurze Sätze, dafür wuchtig, brachial, grobschlächtig) - kurz: unwürdig.
Innerhalb der sozialistischen Oppositionspartei "regiert" zwar ein etwas moderaterer Ton, dafür verläuft mitten durch die SPÖ der Riss einer fehlenden Einheit. Entgegen der von der "Chefin" vorgegebenen Richtung ist Parteigenosse Hans Peter D. strikt gegen eine Aufnahme von Flüchtlingskindern, womit der burgenländische Häuptling längst den türkis eingefärbten Grenzstreifen betreten hat.
Reni-Wagner verweigert sich, zumindest scheinbar, einer "Symbolpolitik", die aber von Anfang an auch ihren politischen Alltag geprägt hat. Dass Politik längst nicht mehr durch verbindliche Entscheidungen, sinnvolles Gestalten und vernünftige Einflussnahme auf private wie öffentliche Bereiche geprägt ist, darf bzw. muss man, mangels wählbarer Alternativen, zur Kenntnis nehmen. Dadurch entfremden sich aber, als Konsequenz, Wirklichkeit und politische Öffentlichkeit - Symbolpolitik wird zum Synonym dafür, dass Politik von den Protagonisten nur noch als Vorwand für demokratisch legitimierte Agitation auf Kosten der Bevölkerung missbraucht wird, Politik zu irrationalem Handeln verkommt, an sich nur noch simuliert wird.
Betrachtet man, bezogen auf die Asylpolitik, die (pseudo-) "politische" Stümperei auf europäischer Ebene in den letzten fünf Jahren, kann man nur feststellen, dass viel geredet und versprochen, dennoch nichts gesagt wurde und noch weniger geschehen ist. Nichts, nichts von alledem, was in Aussicht gestellt, zugesagt wurde, ist erledigt; man hat nicht einmal im Ansatz etwas zum Besseren verändert. Gebetsmühlenartig wiederholt man jetzt das, was man bereits 2015 von sich gegeben hat. Das wird (leider) im Jahr 2025 nicht anders sein, zumal sich bist dorthin nichts an den (verhärteten) Ansichten der Mitgliedsstaaten geändert haben wird. Durch die eindimensional nationalstaatliche Denkweise der Mitglieder, die überwiegend der politischen Selbsterhaltung, dem innerstaatlichen Überleben, zu verdanken ist, ist eine "Europäische" Lösung unmöglich. Die Mitgliedsstaaten sehen sich nicht als "pars pro toto", vielmehr, dank ihres jeweiligen "Vetorechts", als eigennützige "Mehrheitsverhinderer", Steigbügelhalter der eigenen Unerträglichkeit. Auf der einen Seite fordert man eine "gesamteuropäische" Lösung ein, um auf der anderen Seite genau mit diesem Argument nichts dazu beitragen zu müssen. Diese engstirnige Einfältigkeit führt dazu, dass man (neben anderen Bereichen wie Klimaschutz, COVID-19 etc.) das vereinte Scheitern in der Asylpolitik mit dem (ungelösten) mathematischen Problem der Quadratur des Kreises vergleichen könnte; salopp formuliert müsste man allerdings sagen: "Die Katze beißt sich in den eigenen Schwanz"; die Frage wäre dann nur noch, wer denn die Katze sei und wer deren Schwanz.
So kann Kanzler Basti unumwunden eine "ganzheitliche" Lösung verlangen, daneben ebenso ungeniert auf der Klaviatur der Emotionen mit Begriffen wie "Sogwirkung" (bezogen auf Flüchtlinge) spielen, ohne Gefahr zu laufen, eigenes (politisches) Terrain zu verlieren. Dabei muss er auch nicht erwähnen, dass der Einfluss Österreichs in Europa so gering ist, dass er mit Bedeutungslosigkeit umschrieben werden sollte. Wie einheitlich sich das vereinte Europa in der lesbischen Frage präsentiert wird zusätzlich durch die Tatsache erhellt, dass immerhin neun Mitgliedsstaaten Flüchtlinge aufnehmen, die anderen hingegen nicht. Dieses solcherart zur Schau stellen des eigenen uneinig Seins wird damit auch zu einem Teil der Tragödie von Moria.
Diese kann ich mir auch in den nächsten Tagen live ansehen, die tränengasversprühenden, gewalttätigen, Polizisten, die weinenden Kinder und Mütter, das menschenunwürdige Geschehen auf einem politischen Nebenschauplatz am östlichen Ende der europäischen Welt. Befände man sich nicht in Griechenland, man wähnte sich im, von Bürger- , Stellvertreter- und sonstigen Kriegen, zerzausten Norden Syriens.
Solange die Europäische Politik und deren Darsteller die Bühne eines ganzen Kontinents nur dafür missbrauchen, sich selbst und den eigenen Parteigenossen zuzuarbeiten, sich an der Selbstbefriedigung ihrer persönlichen Befindlich- und Eitelkeiten ergötzen ohne je einen Höhepunkt zu erreichen, ist das inhaltlose Blabla ihrer abgedroschenen Worthülsen nicht einmal das Papier wert, das ihnen die hochdotierten Ghostwriter täglich zur Verfügung stellen. Meinte es irgendjemand tatsächlich ernst, müsste er (bedauerlicherweise für ihn) zugeben, dass nicht die Flüchtlingskrise bzw. die Asylpolitik an sich das Problem ist, sondern die politisch dafür Verantwortlichen selbst; solange aber die österreichischen und Europäischen Möchtegerngestalter selbst das größte Problem darstellen, ist ein Blick über den Tellerrand hinaus ebenso wenig zu erwarten, wie, sprichwörtlich, ein Blitz aus heiterem Himmel. Selbst der dümmste Politiker gräbt sich selbst das Wasser nicht ab und wird nie einen Fehler eingestehen. Schuld ist immer das System, die Europäische Uneinigkeit etc.; man spricht, wenn es um heikle Angelegenheiten geht, nie in der ersten Person Singular von sich, versteckt sich lieber hinter dem sicheren, pluralen "wir" bzw. dem, ebenso unverdächtigen weil allenthalben einsetzbaren, "uns". Das macht die Sache relativ einfach; wenn etwas oder gar alles nicht (mehr) funktioniert, ist immer jemand anderer verantwortlich, jedenfalls nie man selbst. Dieses schauderhafte Treiben wird dann als verantwortungsvolles Handeln feilgeboten und immer noch gut verkauft. Der Preis, den die Menschen in Europa dafür bezahlen ist allerdings hoch: Sie leisten sich etwas, das ihnen nicht hilft, vielmehr schadet, ihnen die wichtigsten Lebensgrundlagen sowie, psychologisch betrachtet, das nimmt, was sich alle, ach so stolzen Europäer, auf ihre Fahnen geheftet haben: Solidarität mit denen, die diese dringend benötigen würden. Davon ist auch Europa sehr weit entfernt; einen "Asylbrand" löscht man heutzutage scheinbar nach dem Sankt-Florian-Prinzip.
Es wird nicht lange dauern, dann wird man unseren Basti, der sein Faible für Anglizismen nicht leugnen kann, von "nimby" (not in my backyard) reden hören, nämlich davon, dass die enorme Hilfsbereitschaft Österreichs dogmatisch eben mit dem "Florianiprinzip" nichts zu tun hätte, diesem vielmehr diametral gegenüberstünde.
Warum soll Europa, respektive Österreich, einen Brand löschen, den es, wenigstens auf den ersten Blick, gar nicht gelegt hat? Darüber, dass das offizielle Österreich die "Erklärung EU - Türkei" vom März 2016 samt deren Folgen jedenfalls mitzuverantworten hat, spricht aber niemand gern. Warum auch: Zahlen macht bekanntlich Frieden; Probleme löst es wie im Anlassfall aber jedenfalls nicht; sie werden, treu dem ins Spiel gebrachten "Florianiprinzip", nur verschoben.
Unabhängig davon sollte man ganz grundsätzlich, speziell sogar in den politischen Niederungen, an Oscar Wilds Worte denken: "Nur Persönlichkeiten verändern die Welt, niemals Prinzipien".
Chr. Brugger
22.09.2020