„Todos“ – zum Tod von Papst Franziskus
Nach dem Tod von Papst Franziskus am heutigen Ostermontag sollte uns speziell ein Wort in Erinnerung bleiben: "Todos" …
Während der Begrüßungszeremonie beim Weltjugendtag in Lissabon bekräftigte Franziskus im August 2023 erneut, dass für die Kirche niemand nutzlos oder überflüssig sei – sie sei eben für "todos", also "alle" da.

Quelle: https://thecatholicherald.com/cardinal-bergoglio-profile/
Zum wiederholten Mal sprach sich Franziskus in Portugal gegen jedwede Ausgrenzung aus; die Kirche sei nicht die "Gemeinschaft der Besten", sondern die "Mutter aller" war im "L´Osservatore Romano", der Tageszeitung des heiligen Stuhles, zu lesen; die Kirche wäre "eine brüderliche und einladende Anlaufstelle für alle, in der die Logik der "offenen Arme" und nicht des "mit dem Finger zeigen" vorherrscht", weil jeder - jung und alt, gesund und krank, gerecht und sündig - wichtig ist".
Als der Argentinier Jorge Mario Bergoglio am 13.03.2013 zum Papst gewählt wurde, war jenen, die ihn schon damals kannten klar, dass mit ihm ein neuer "Wind" durch die verstaubten Räume des Vatikans wehen würde.
Franziskus hatte konkrete Vorstellungen darüber, wohin der neue Weg der katholischen Kirche führen sollte, scheiterte damit aber allzu oft am beharrlichen Widerstand der konservativen Kreise im kleinsten Staat der Welt; dem ersten Jesuitenpapst wurde bald nach seiner Wahl gewahr, dass er mit seinen unorthodoxen Methoden und "progressiven" Ansichten vor allem jene nicht überzeugen würde, die seinem Amtsvorgänger im klerikalen Traditionsbewusstsein unablässig und bis heute verbunden geblieben sind – zudem lebte Benedikt XVI. jahrelang nicht nur in den Erinnerungen der "Traditionalisten" weiter.

Quelle: https://tageblatt.com.ar/franziskus-der-papst-vom-ende-der-welt/
Franziskus war nach dem in Syrien geborenen Gregor III. (731 – 741) seit rund 1300 Jahren der erste gebürtige Nichteuropäer auf dem Stuhl Petri und der erste Papst aus Lateinamerika; was ihm als Erzbischof von Buenos Aires in Südamerika schier mühelos gelang, blieb ihm als Bischof von Rom aus verständlichen Gründen für die Weltkirche versagt: Selbst durch umfassende Reformen in der römischen Kurie, dem "Machausübungsorgan" des Oberhauptes der katholischen Kirche, gelang es ihm nicht, alle maßgeblichen Amts- und Würdenträger hinter sich zu vereinen bzw. auf seine "Linie" einzunorden.
Was bleiben wird ist jedenfalls die Erinnerung an seine unglaubliche Gabe, alle Menschen, unabhängig von ihren jeweiligen Anlagen und Ansichten, in den Bann zu ziehen und auf seine Art zu vereinnahmen; sein Leben und Wirken galten vor allem den Randgruppen der Gesellschaft, flüchtenden, hungernden, leidenden, armen und schutzbedürftigen Menschen

Quelle: https://www.vaticannews.va/de/papst/news/2021-02/papst-franziskus-bergoglio-kardinal-jubilaeum-johannes-paul-ii.html
Sein lebenslang andauernder Kampf galt auch einem "Virus", das sich in der Gesellschaft eingenistet hat - die Korruption; wenn er seinen kurialen "Mitbrüdern" den Vorwurf nicht ersparen konnte, manche von ihnen würden sich selbst zu wichtig nehmen, von Eitelkeit und Geldgier geprägt sein, an mittelmäßiger Scheinheiligkeit leiden und ihre Macht für niederträchtige Motive missbrauchen, so war damit nicht nur seine eigenen "Beamten" gemeint; für Franziskus verseucht Korruption samt ihren Auswüchsen allmählich das gesamte lebenswichtige Gefüge, zerstört natürliche und kulturelle Interessen und sei mit der Drogensucht vergleichbar; sobald er von der "Ausrottung des Unkrauts der Korruption" sprach, galt das folglich nicht bloß für das Staatsgebilde Vatikan – er wollte seine mahnenden Worte auf alle anderen, weltweit politisch Verantwortlichen bezogen wissen.
Daran sollten sich beizeiten vor allem all jene erinnern, die es selbst am heutigen Tag nicht unterlassen konnten, sich via digitale Medien zu Wort zu melden; viele von ihnen leiden ganz offensichtlich unter dem, was Franziskus unter Eitelkeit, Geldgier sowie mittelmäßiger Scheinheiligkeit verstanden wissen wollte – und sind auch noch korrupt bis ins Mark.

Quelle: https://www.vaticannews.va/de/papst/news/2021-10/papst-johannes-paul-i-luciani-wunder-selig-interview-nichte.html
Was Franziskus neben seinem Willen, die katholische Kirche synodal für alle zu öffnen und wieder zugänglich zu machen, ausgezeichnet hat, war seine maßvolle Einfachheit in vielerlei Belangen; päpstlicher Pomp war ihm ebenso fremd wie effektheischende Symbolik; er hat, im Unterschied zu seinem Vorgänger, nicht mit brillanten Formulierungen, sondern mit einfachen Worten überzeugt; mit der diesbezüglichen Bescheidenheit ist es ihm gelungen, sich nicht bloß für einen intellektuell dazu in der Lage befindlichen Kreis verständlich zu machen - das ist vermutlich der gravierendste Unterschied zwischen ihm und Benedikt XVI. - das eine ist zwar nicht besser als das andere, nur menschlicher und damit anziehender bzw. liebenswürdiger; mit seiner Barmherzigkeit und dem Verständnis von einer Kirche für alle erinnert Jorge Mario Bergoglio an Albino Luciani, den späteren Papst Johannes Paul I.; Luciani schrieb in einem seiner Briefe an Persönlichkeiten, der an Charles Dickens adressiert war, folgenden Satz: "Wir alle, Völker und Nationen, sitzen im gleichen Boot, sind räumlich und kulturell einander nähergekommen. Aber es herrscht hoher Wellengang. Wenn wir nicht kentern wollen, gibt es nur eine Regel: Alle für einen, einer für alle; auf dem bestehen, was uns zusammenbringt; all das vergessen, was uns trennt."
Chr. Brugger
21/04/2025