... und immer wieder Edtstadler ...

23.07.2020

Es gibt Menschen, die dem Staat (als Teil der Bundesregierung) dienen (sog. Minister) wollen, denen man abnimmt, ihr Amt ernst zu nehmen, die sich wenigstens zu bemühen, sinnstiftend tätig zu werden. Es gibt aber auch solche, denen man weder vertrauen kann, soll noch darf. Die Ministerin für EU und Verfassung im Kanzleramt (sog. "Kanzleramtsministerin" i.S.d. Art. 77(3) B-VG) gehört in jedem Fall zur zweitgenannten Spezies.

U.a. kamen die Züge aus Rumänien, medienwirksamem Getöse zum Trotz, verspätet und nahezu leer in Wien an, wurde von ihr der nationalsozialistische Völkermord an den Juden in Europa mit dem, sicherlich tragischen, Tod ihres Großvaters in eine nicht zu rechtfertigende, völlig absurd-verzerrte, Relation gebracht; nun kann sich Ministerin Edtstadler scheinbar nicht einmal mehr an ihre Aufgaben, die ihr übertragen wurden, erinnern; möglichweise, bzw. eher sehr wahrscheinlich, sind ihr diese gar nicht bekannt, dadurch gar nicht bewusst, wofür sie sich Ministerin nennen darf.

Nachlesen könnte sie das im Rechtsinformationssystem des Bundes (https://www.ris.bka.gv.at/): 17. Entschließung des Bundespräsidenten, mit der die sachliche Leitung bestimmter, zum Wirkungsbereich des Bundeskanzleramtes gehörender Angelegenheiten einer eigenen Bundesministerin übertragen wird - Fundstelle: BGBl. II Nr. 17/2020.

Dort findet man, paradigmatisch erwähnt, folgende Aufgabenbereiche bzw. Zuständigkeiten Edtstadlers:

Angelegenheiten der staatlichen Verfassung, dazu gehören insbesondere auch:

  • verfassungsrechtliche Angelegenheiten der staatlichen Organisation; Wahrnehmung der verfassungsmäßigen Führung der Regierungsgeschäfte des Bundes
  • Angelegenheiten der Grund- und Freiheitsrechte
  • Allgemeine Angelegenheiten der Organisation und des Verfahrens der Verwaltungsbehörden, Ämter und sonstigen Einrichtungen, die Aufgaben der staatlichen Verwaltung besorgen. Allgemeine Angelegenheiten des Verwaltungsrechts einschließlich des Verwaltungsstrafrechts und des Verwaltungsvollstreckungsrechts

Auf der Homepage des Bundeskanzleramtes (https://www.bundeskanzleramt.gv.at/agenda/verfassung.html), dem Edtstadler nicht nur scheinbar, sondern de facto, nun einmal, warum auch immer, angehört, liest sich das (dem Organigramm des Bundeskanzleramtes, Stand 01.03.2020, zu Folge sollte sie für die Sektionen IV und V - EU und Grundsatzfragen sowie Verfassungsdienst - zuständig, wenn nicht sogar verantwortlich, sein) folgendermaßen:

"Organisation

Der Verfassungsdienst ist als Sektion im Bundeskanzleramt eingerichtet. Seine innere Organisation bildet die Wirkungsbereiche der Bundesministerien, die Beziehungen des Bundes zu den Ländern sowie die Beziehungen Österreichs zur Europäischen Union ab.

Aufgaben

Legist

Dem Verfassungsdienst obliegt die legistische Vorbereitung von Gesetzen in zahlreichen wichtigen Bereichen wie insbesondere dem Bundesverfassungsrecht und dem Verwaltungsverfahrensrecht. Darüber hinaus ist der Verfassungsdienst zuständig für die Vorbereitung des Bundesministeriengesetzes.

In all diesen Bereichen erstellt der Verfassungsdienst im Auftrag des Bundeskanzleramtes Gesetzesentwürfe, die in der Regel einem öffentlichen Begutachtungsverfahren unterzogen und in Folge von der Bundesregierung als Regierungsvorlage beschlossen sowie dem Parlament zugeleitet werden. In diesen Zuständigkeiten kommt dem Verfassungsdienst auch die Vertretung der Republik Österreich in Gremien europäischer und internationaler Organisationen zu.

Rechtsgutachter des Bundes

Der Verfassungsdienst übt umfangreiche Gutachtertätigkeiten aus. So werden sämtliche Gesetzes- und Verordnungsentwürfe aus anderen Bundesministerien auf ihre Vereinbarkeit mit dem Verfassungsrecht, einschließlich der Grundrechte, begutachtet.

Gleichzeitig beurteilt der Verfassungsdienst auch legistische Fragestellungen wie Rechtssprache, Rechtstechnik und formelle Gestaltung zur Wahrung der Einheitlichkeit der Gesetzgebung. Ebenso werden Landesgesetzentwürfe beziehungsweise Gesetzesbeschlüsse der Landtage geprüft.

Außerdem können von allen öffentlichen Dienststellen Gutachten beim Verfassungsdienst zu Verfassungsfragen und sonst zum Wirkungsbereich des Verfassungsdienstes zählenden Rechtsfragen eingeholt werden.

Anwalt der Republik

Der Verfassungsdienst vertritt die Bundesregierung vor dem Verfassungsgerichtshof. Er vertritt die Republik Österreich in Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg und gemeinsam mit dem Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg.

Darüber hinaus ist der Verfassungsdienst auch verantwortlich für die Koordination in den Bund-Länder-Beziehungen."


Spätestens seit April 2020 vertritt Edtstadler die (fachlich wie sachlich) unrichtige Auffassung, die Verantwortung für die Verfassungskonformität legistischer Maßnahmen (Gesetze, Verordnungen) liege beim "jeweiligen" Ressort. Gesetze oder Verordnungen mögen, auch unter dem Aspekt bzw. Einfluss "epidemisch-grassierender" Dringlichkeit, verfassungsrechtlich problematisch sein. Dann wäre es aber die Aufgabe des zuständigen Ministeriums (eben dem, das von Edtstadler geleitet werden soll) gewesen, die offensichtlichen "Mängel" aufzuzeigen bzw. allenfalls zu korrigieren, zumindest eine Korrektur in die Wege zu leiten. Dass solche "Mängel" vorhanden sind, sohin Reparaturbedarf besteht, musste selbst Edtstadler wissen. Der als überschießend-medienpräsent geltenden Ministerin wird die Kritik an ihrer "Haltung" (u.a. vom ehemaligen Bundesminister für Justiz, Clemens Jabloner - https://www.derstandard.at/story/2000116938285/ex-justizminister-jabloner-pocht-auf-verantwortung-des-kanzleramts), nicht verborgen geblieben sein. Dass sie seit dieser Zeit, in Kenntnis der Problematik einzelner Rechtssetzungsakte, nichts unternommen hat, vielmehr ihre Meinung aufrecht hält (https://www.nachrichten.at/politik/innenpolitik/vfgh-bestaetigt-corona-gesetz-verordnungen-teilweise-gesetzwidrig;art385,3277049), spricht nicht unbedingt für ihre, ohnedies von vielen bereits in Frage gestellte, Ministrabilität. Sie sollte zumindest zur Kenntnis nehmen, dass die Ministerien bei Gesetzen oder Verordnungen keine "Schickschuld" an den Verfassungsdienst zu erfüllen haben, diesen vielmehr eine "Bringschuld" (im Sinne von Service bzw. Kontrolle von Rechtsakten) trifft. Insofern hat der Universitätsprofessor für österreichisches Verfassungsrecht, ehemalige Vize-Kanzler und Präsident des Verwaltungsgerichtshofes, mit seiner Kritik an der Haltung Edtstadlers vollkommen Recht: "Man kann sich nicht auf den Verfassungsgerichtshof herausreden, dass der nachträglich dann alles korrigieren wird". Vielmehr müsse das Bundeskanzleramt dafür sorgen, dass der legistische Prozess möglichst fachkundig durchgeführt wird.

Das Kanzleramt sei für die verfassungsgemäße Vorbereitung aller Rechtsakte zuständig, zumal dort auch der Verfassungsdienst angesiedelt sei, der über viel Erfahrung verfüge. Diesen Apparat gebe es schließlich nicht umsonst, man solle darauf zurückgreifen" (https://www.derstandard.at/story/2000116938285/ex-justizminister-jabloner-pocht-auf-verantwortung-des-kanzleramts).

Nun hat eben der Verfassungsgerichtshof korrigiert, was er (vorerst) zu korrigieren in der Lage war, dem Grunde nach aber Aufgabe des edtstadlerischen Ministeriums gewesen wäre.

Dass durch das Nichtstun bzw. Unterlassen übernommener Pflichten Millionen Menschen (= die Bevölkerung Österreichs) massive, rechtswidrige, Eingriffe in ihre am höchsten geschützten Rechtsgüter hinnehmen mussten, scheint "Ministerin" Edtstadler nicht sonderlich zu kümmern: Ihrer Meinung nach war es richtig und wichtig, restriktive Maßnahmen vorzusehen (u.a. um Leben zu retten); sie nimmt im Übrigen für alle handelnden Personen in Anspruch, dabei nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt zu haben; Verordnungen würden aber natürlich immer im Rahmen und Aufgabenbereich des jeweiligen Ministers erstellt.

Wenn alle (damit meint sie sich wohl auch selbst) nach bestem "Wissen" gehandelt haben, dann muss man sich einerseits um das juristische Fachwissen der Sektion V im Bundeskanzleramt ("Verfassungsdienst") bzw. der "handelnden Personen" (zu denen auch Edtstadler zu zählen sein wird) massive Sorgen machen, andererseits um das Wohl der zuständigen Ministerin. Wer so rücksichtslos argumentiert, so despektierlich fabuliert, taugt nicht einmal zur "Märchentante"; wiewohl: Jedes Märchen beginnt üblicherweise mit "es war einmal" - dass weckt zumindest Hoffnung.

Ein weiteres Positivum: Durch das Verhalten bzw. die beharrliche Untätigkeit des "Kanzleramtsanhängsels" verbessern sich auch die Prozessaussichten derjenigen, die nun über den Weg der Amts- bzw. Organhaftung (Haftung des Staates für Schäden, die seine Organe in Ausübung ihrer amtlichen Tätigkeit durch ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten oder Unterlassen verursachen) gegen die Republik vorgehen wollen. Und noch ein Bonus: Auch für allgemeine Angelegenheiten der Amts- und Organhaftung ist, im Sinne der 17. Entschließung des Bundespräsidenten, mit der die sachliche Leitung bestimmter, zum Wirkungsbereich des Bundeskanzleramtes gehörender Angelegenheiten einer eigenen Bundesministerin übertragen wird, eine gewisse Karoline Edtstadler zuständig ...

Chr. Brugger

23.07.2020