... und immer wieder unsere Klaudia ...
Dieses Mal ist unsere, so lieb gewonnene, Verteidigungsministerin (ja, die mit den Wurzeln im schwarzen, niederösterreichischen, Bauernbund und Sozia von Ernst Strasser, dessen politische Karriere eher unlieb- oder unwegsam zu Ende gegangen "wurde"), in Gefilde vorgedrungen, die selbst den Vertrauten im heimischen Heereswesen als nahezu verschlossen gelten.
Sie hat ein Angebot des indonesischen Verteidigungsministers Prabowo Subianto Djojohadikusumo (persönlich an Tanner, mit "Exzellenz", tituliert) erhalten, wonach das von ihm befehligte Militär beabsichtige, die in Österreich zur Verfügung stehenden "15 second-hand Typhoon fighter jets" ("Eurofighter") erwerben zu wollen.
Während sich das Verteidigungsministerium noch mit der Überprüfung der Echtheit des Briefs aus Jakarta, also damit beschäftigt, ob die Post tatsächlich vom Schwiegersohn des ehemaligen Diktators Haji Mohamed Suharto stammt oder nicht, kann man indes in den indonesischen Medien seit Tagen problemlos (Englischkenntnisse vorausgesetzt) nachlesen, wie ein solcher "Deal" ablaufen könnte.
Folgt man dem "Außenwirtschaftsbericht Indonesien" der Wirtschaftskammer Österreich (WKO) - AußenwirtschaftsCenter Jakarta, vom April 2020 (für das Jahr 2019), dann könnte Tanner (unter der Annahme, dass der Bericht hält, was er zu versprechen vorgibt) guten Gewissens an ein Geschäft mit ihrem Amtskollegen nachzudenken beginnen:
- Indonesien ist heute bereits eine der 20 größten Volkswirtschaften der Welt und wird seine politische und wirtschaftliche Bedeutung in den nächsten Jahren noch deutlich steigern
- Makroökonomisch stellt sich das Land solide dar: Ein geringes Leistungsbilanzdefizit, Budgetdisziplin, eine geringe Staatsverschuldung und eine sorgsame Geldpolitik haben den Wechselkurs der Rupiah bis Februar 2020 stabilisiert. Das "Investment Grade Ranking" für das Länderrisiko durch alle drei großen internationalen Ratingagenturen (seit Mai 2017), macht Indonesien attraktiv für ausländische Direkt- und Finanzinvestoren und hilft der indonesischen Leistungsbilanz. Die Arbeitslosenrate ist niedrig und wird für 2020 vorbehaltlich der Auswirkungen von COVID-19 mit 5,2 % prognostiziert.
- Nach den Präsidentschaftswahlen im April 2019, bei denen sich der amtierende Präsident Joko Widodo klar durchsetzen konnte, wird weiterhin politische Stabilität erwartet. Als Zeichen von Beständigkeit wird insb. gesehen, dass sich das Kabinett des Präsidenten aus Ministern von sechs verschiedenen Parteien zusammensetzt. Das bedeutet aber auch, dass Stabilität gegenüber schnellen Reformen priorisiert wird.
Den Indonesiern ist auch der latente Rechtsstreit zwischen Republik (Österreich) und dem seinerzeitigen Verkäufer der Eurofighter, Airbus, bekannt, ein Begriff. Man könnte daher allenfalls sogar eine "streitverfangene" Sache elegant loswerden, gleichsam eine "never ending story", begleitet mit vielen "blutigen Nasen" österreichsicher Politiker, Rechtsfrieden schaffen, endgültig beenden.
So einfach wird das aber - wie man sich das vorzustellen scheint - nicht möglich sein.
Scheinbar bedarf ein Verkauf der 15 österreichischen "Überflieger" (manche sprechen auch von flügellahmem Schrott) schon aufgrund des zugrunde liegenden Vertragswerkes (das mir nicht bekannt ist) einer Zustimmung der Airbustochter "Eurofighter Jagdflugzeug GmbH".
Daneben kann eine "streitverfangene" Sache (d.h. das Kaufobjekt - eben genau die 15 Eurofighter - ist Gegenstand in einem gerichtlich anhängigen Verfahren) sowohl i.S.d. § 265 der deutschen Zivilprozessordnung) als auch des österreichische Pendants (§ 234 ZPO) nur mit Zustimmung der anderen Prozesspartei (Airbus bzw. Eurofighter Jagdflugzeug GmbH) rechtswirksam veräußert werden.
Dem, politischem Kleingeist zu verdankende, Verhalten diverser österreichsicher "Spitzenpolitiker" ist es zu verdanken, dass das Verhältnis zum seinerzeitigen Vertragspartner (Airbus) nicht sehr freundschaftlich geprägt ist.
Hans Peter Doskozil (ehemaliger Verteidigungsminister und nunmehr Landeshauptmann des Burgenlandes) fühlte sich dazu berufen, Strafanzeige gegen Airbus-Manager zu erstatten, verlauten zu lassen, dass Airbus sich sehr bald vergleichen (wollen) werde. Davon war jedoch keine Rede. Es kam zu keinem Strafverfahren, Vergleichsgespräche lehnte Airbus ab.
Justizministerin Alma Zadić meinte, es würde rasch eine Eurofighter-Anklage geben; auch sie sollte sich irren.
An die Spitze trieb es Klaudia Tanner, die vollmundig verlauten ließ: "Airbus wird mich noch kennenlernen".
Worauf dieses aufgeblasen-selbstherrliche Gehabe der drei (nach wie vor im Amt befindlichen) Politiker zurückzuführen ist, kann man schwer beurteilen; Wichtigtuerei, Unwissenheit, Fehleinschätzung, gar eine "Bedeutungsschwangerschaft" der wichtigtuerischen Protagonisten.
Die Rechnung für dieses dummdreiste, jeder Diplomatie entbehrende, Verhalten wird am Ende wiederum die Bevölkerung Österreichs (= der steuerzahlende Anteil daran) begleichen.
Tanner wird (wenn es soweit kommen sollte) bei Airbus, so wie der römisch-deutschen König Heinrich IV. bei Papst Gregor VII. in der Burg Canossa, vorstellig werden; sie wird um einen, erniedrigend empfundenen, Buß- und Bittgang nach Hallbergmoos (dem Sitz der Eurofighter Jagdflugzeug GmbH) nicht umhinkommen, sich für die Unsinnigkeiten von Doskozil und Zadić (wie auch ihre eigenen) entschuldigen, sich einsichtig geben und dann den Gegner kennenlernen: Billig wird eine Zustimmung von Airbus nicht werden; dafür sind die Aussichten (auch durch das beschrieben Verhalten unserer drei "Stimmungskanonen") viel zu trüb. Im Unterschied zu Heinrich IV. wird Tanner, aller Voraussicht nach, zumindest das dreitätige, um Einlass flehende, Knien vor verschlossenen Türen erspart bleiben.
Bis Tanner (oder ihr/e Nachfolger/in im Amt) aber den neuzeitlichen Gang nach Canossa antreten kann, sind noch ein paar Probleme zu lösen, sofern man diese bereits geortet hat, ausreichend Zeit und Personal dafür vorhanden war; dem Vernehmen nach ist man derzeit im Verteidigungsministerium ja mit dem Stopfen "undichter Stellen" (sog. "Leaks") beschäftigt.
Die grundsätzliche, militärische Verteidigungsstrategie Indonesiens könnte man im "Defence White Paper" ("Weißbuch der Verteidigung") nachlesen.
Dann wird es für (unsereins) etwas schwieriger. Für die, sich gleichsam als allwissend selbstdarstellende, Verteidigungsministerin wird das aber kein großes Problem sein; man muss lediglich die indonesische Sprache verstehen, um "UNDANG-UNDANG REPUBLIK INDONESIA NOMOR 16 TAHUN 2012 TENTANG INDUSTRI PERTAHANAN" sinnerfassend lesen zu können.
Dort könnte Tanner Folgendes vorfinden:
- Indonesien ist dazu verpflichtet, Verteidigungssysteme (soweit als möglich) im Inland selbst herzustellen ("domestic production")
- erforderliche Reparaturen und die Instandhaltung sind an im Inland ansässige Unternehmen auszulagern
- erforderliche Ankäufe militärischer Einrichtungen sollen ausschließlich direkt mit dem Erzeuger (im Ausland) abgeschlossen werden (d.h. im konkreten Fall Airbus)
- es gibt einige Anforderungen ("requirements") an ausländische "Produkte":
- Zukauf aus dem Ausland nur, wenn Verteidigungs- oder Sicherheitsausrüstung nicht in Indonesien selbst hergestellt werden können ("domestically")
- die indonesische Rüstungsindustrie ist miteinzubeziehen
- Haftung für den Technologietransfer (Haftung des ausländischen Lieferanten)
- Garantien dafür, dass es keine politischen Embargos / Sanktionen gibt (auch nicht potenziell); keine politischen Bedingungen; keine Hindernisse / Einschränkungen für die Nutzung der Verteidigungs- und Sicherheitsausrüstung (im Hinblick auf die Aufrechterhaltung der territorialen Integrität Indonesiens)
- 85%-ige Reziprozität ("Offset-Anteil")
- bei der (angestrebten) 85%-igen Reziprozität soll der "Offset-Anteil" anfangs zumindest 35% betragen und alle 5 Jahre um weitere 10% gesteigert werden; zum besseren Verständnis: "Offset is defined as an agreement to return some part of the contract value in the form of coproduction, joint ventures, buybacks, knowledge transfers or training"
Dazu soll der Ankauf von "second-hand Produkten" soweit als möglich vermieden werden, werden demnach (den indonesischen Medien zufolge) auch bereits sehr ausführliche Gespräche mit anderen "Abfangjäger"-verkaufenden "Institutionen" (Firmen wie Staaten) - u.a. Air France, Russland, Südkorea - geführt.
Interessant wie hilfreich könnte für Tanner auch eine Einsichtnahme in den kurzen Bericht "Countertrade Mechanism of Global Arms Trade: Case Study of Indonesia" (International Journal of Financial Research Vol. 11, No. 1; 2020) sein; dort wäre u.a. nachzulesen, dass Indonesien bereits geschäftliche Beziehungen zur Firma Airbus unterhalten hat bzw. unterhält; man darf aber durchaus, nicht zuletzt aufgrund der bislang als vorausschauend-empathisch-geschickt zu bezeichnenden Vorgangsweise der Ministerin, annehmen, dass Tanner all das zu diesem Thema vorhin Geschriebene längst kennt, keiner Hinweise bedarf.
Sollte das nicht der Fall sein, würde ich Frau Tanner empfehlen, die Eurofighter jedenfalls nicht zu verkaufen, vielmehr den restlich verbliebenen, noch flugtauglichen, Piloten den militärischen Befehl zu erteilen, täglich Tiefflüge über der Rossauer Lände im 9. Wiener Gemeindebezirk (dort befindet sich das Verteidigungsministerium) durchzuführen; so wie die indonesische Luftwaffe im Ramadan solche Flüge durchführen ließ, um im Fastenmonat die Gläubigen vor Sonnenaufgang zu wecken, damit sie noch essen und trinken können (Bericht in "Die Presse", 09.05.2019) könnte der Lärm der Eurofighter dazu beitragen, dass der "Babyelefant im diplomatischen Porzellanladen" endlich wachgerüttelt wird.
Chr. Brugger
25.07.2020