Verantwortungslose Verantwortung
Über den Begriff der "politischen Verantwortung" haben sich unzählige Menschen Gedanken gemacht, etwas publiziert oder darüber zu sagen gewusst; allein, trotz vielfälliger Bemühungen gab und gibt es keine abschließende Beschreibung dessen, was – im Sinne einer Definition – darunter zu verstehen wäre; semantische Relationen sind der "politischen Verantwortung" daher ebenso fremd wie terminologische Grenzen.

Quelle: https://globalgovernanceforum.org/visionary/immanuel-kant/
"Politische Verantwortung" könnte daher immer nur das sein, was eben jemand x-Beliebiger darunter verstanden wissen will; Einigkeit besteht, soweit ersichtlich, nur darüber, dass diese "Verantwortung" nicht mit rechtlichen Maßstäben messbar ist; wäre es anders, gäbe es eben keine begrifflichen Auffassungsunterschiede.
Wenn nun aber "politische Verantwortung" nicht normenbasiert beurteilt werden kann, betreten wir zwangsläufig das Terrain der Ethik, einen Teilbereich der praktischen Philosophie, der sich u.a. mit der Bewertung menschlichen Handeln beschäftigt.
Mit diesem Schritt wird aber der Bereich der klassisch-antiken Auffassung, Verantwortung wäre imputativ zu beurteilen, verlassen; es ist nicht länger davon zu reden, Schuld wäre eindeutig zurechenbar.
Ein einziger Satz aus der politikwissenschaftlichen Dissertation "Der politische Funktionsträger und die politische Verantwortung" von Robert Steiner an der Fernuniversität Hagen erhellt das eigentliche Dilemma: "Den Maßstab, an dem das Handeln von politischen Funktionsträgern, und damit die Wahrnehmung der politischen Verantwortung gemessen werden kann, bilden jene evaluativen Orientierungen, die innerhalb einer Gesellschaft diskursiv entstehen und über die es die Vermutung einer mehrheitlichen Übereinstimmung gibt".

Quelle: https://www.tehrantimes.com/news/481100/Book-City-to-discuss-Soren-Kierkegaard-s-school-of-thought
Sobald dann, im Sinne Immanuel Kants und Søren Kierkegaards, Gott höchstpersönlich und der kategorische Imperativ als grundlegendes Prinzip moralischen Handelns ins Spiel kommen, muss allen klar sein, dass es sich bei "politischer Verantwortung" bestenfalls um ein Paradoxon menschlicher Selbstreferenzialität handelt.
"Politische Verantwortung" kann, damit man sich zumindest noch selbst entspricht oder gerecht wird, nie retrospektiv, sondern nur unter denselben Bedingungen betrachtet werden, die eben im Zeitpunkt des tatsächlichen Handelns verfügbar waren; aber damit kommt, daran besteht nicht der geringste Zweifel, der politopportune Machiavellismus ins Spiel, dem wir es letztlich zu verdanken haben, dass niedrige Instinkte parteilich motiviertes Handeln rechtfertigen und zumindest "politische Verantwortung" verantwortungslos wird.
Chr. Brugger
17/04/2025